Bad Wimpfen 2005

Brief aus Mainz


DOM- UND DIÖZESANARCHIV MAINZ

An das
Institut für Kunst und Forschung
München

5. August 2005

Spottfigur als Wasserspeier an der Klosterkirche St. Peter in Bad Wimpfen

Sehr geehrter Herr Kastner, sehr geehrter Herr Wangerin,

Herr Generalvikar Prälat Giebelmann hat mich beauftragt, Ihnen auf Ihr letztes Schreiben vom 22. Juni 2005 zu antworten.

Ihr Anliegen besteht darin, in pädagogischer Absicht auf die das Judentum verhöhnende Spottfigur an der Außenfassade der Ritterstiftskirche St. Peter in Bad Wimpfen aufmerksam zu machen.

Wir beabsichtigen, unterhalb des Wasserspeiers, in Augenhöhe, eine Schrifttafel mit folgendem Text anbringen zu lassen.

"Zeitgleich mit dem Bau der Ritterstiftskirche entstand um 1270 der Wasserspeier, der sich in ca. 7,5 m Höhe befindet. Er zeigt eine durch den Hut als Juden kenntlich gemachte Person, die an den Zitzen eines Schweines trinkt. Da im Judentum das Schwein noch heute als unreines Tier gilt, sollten die Juden durch die Skulptur verspottet werden.
Angesichts des Holocausts kann uns die Skulptur heute als Mahnung dienen, die Nächstenliebe als oberstes Gebot des Christentums niemals außer Acht zu lassen. "

Wir werden Sie über den Fortgang der Arbeiten auf dem Laufenden halten.

(Dr. Braun)

Archivdirektor




Tafelvorschlag

Vorschlag für eine Tafel an der Ritterstiftskirche St. Peter in Bad Wimpfen
von Wolfram P. Kastner, Institut für Kunst und Forschung


Hier an der Ritterstiftskirche St. Peter wurde im 13. Jahrhundert
eine Hohnskulptur, eine sog. "Judensau" angebracht.
Dargestellt wird ein Schwein, an dessen Zitzen Juden saugen.
Damit wurden Juden von Christen auf obszöne Weise herabgewürdigt und dem als unrein geltenden Tier gleich gesetzt.

Der im Christentum Jahrhunderte lang verbreitete und geschürte Hass gegen Juden führte zu Vertreibungen, zu Raub, zu Pogromen und schließlich zum Mord an den europäischen Juden durch die Nazis.

Diese Schuld ist unauslöschlich.

Wir werden stets darauf achten, dass die Würde und die Rechte
aller Menschen gleichermaßen gewahrt werden.
Wir werden uns allen Anfängen von Ausgrenzung, Entwürdigung oder Antisemitismus in diesem Land entgegenstellen.

Die katholischen Christen Bad Wimpfens, 2005.