Magdeburg

Im Magdeburger Dom befindet sich in der sog. Ernstkapelle an der Südwestseite eine in Sandstein gehauene „Judensau“, ein Fries mit Farbspuren einer früheren Bemalung.

Das Relief ist sehr gut erhalten und hat die Maße von etwa 60 x 100 cm. Die Datierung ist unsicher: Isaiah Shachar datiert sie auf 1270, andere auf 1493, als der Erzbischof Ernst die Magdeburger Juden vertrieb (die Menorah in der Kirche stammt aus dieser Zeit und ist vermutlich ein Beutestück aus der Synagoge).

Judenpogrome fanden in Magdeburg u.a. 1285, 1287, 1301, 1349 und 1493 statt

 



Magdeburger Dom, Kapitell



Magdeburger Dom, Kapitell
Abbildung bei Isaiah Shachar


Faltblatt

Spottkapitell in der Ernstkapelle (1493)

Erzbischof Ernst (1476 bis 1513), der unter der bronzenen Tumba ruht, schuf diese Kapelle zu seinem Begräbnis. Schon zu Lebzeiten ließ er Peter Vischer das herrliche Grabmal vollenden. In dem Kapitell rechts vom Grab (Richtung Hoher Chor gesehen) findet sich ein Hinweis auf einen seiner besonderen »Verdienste« - 1493 wies er alle Juden aus Magdeburg als »Andersgläubige« aus. Damit lag er auf der Linie des 4. Laterankonzils (1215), bei dem Papst Innozenz III. die Juden als »Gottesmörder« brandmarken ließ. Hab und Gut konnten sie mitnehmen, ihr Leben ließ er ihnen. Aber das Kapitell schleudert ihnen die ganze Verachtung hinterher. Jeder, der es sieht, soll über die Juden lachen und spotten: Was für eine Schmach, entgegen jüdischen, religiösen Vorschriften hier mit einer Sau in Berührung zu kommen und sogar an ihr zu säugen! Erst durch Napoleon erhielten Juden wieder freien Zugang zur Stadt Magdeburg - ein Ergebnis des Wahlspruchs »Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit« der französischen Revolution und zugleich Beginn des Einwanderns der neuen jüdischen Magdeburger in die städtische Gesellschaft.

»Dies Bekenntnis ist uns bleibende Verpflichtung:

In unserem Land haben Juden und Christen durch zwei Jahrtausende hindurch eine gemeinsame Geschichte.

Wir erinnern uns daran: Unsere Heimat war auch die Heimat jüdischer Familien. Eine Blutspur zieht sich durch zwei Jahrtausende Kirchengeschichte - Missachtung, Hass, Feindschaft, Verfolgung und grausamer Tod. Durch Christen sind Juden immer neu gedemütigt, entehrt und entrechtet worden. Sie wurden auch bei uns als Gottesmörder beschuldigt. Unrecht und Katastrophen wurden ihnen unrechtmäßig zur Last gelegt. Während der Kreuzzüge und in immer wiederkehrenden Bedrohungen und Verfolgungen wurden sie verfolgt und umgebracht.

Der Holocaust - die systematische Ermordung von sechs Millionen Juden mit dem Ziel der totalen Ausrottung des jüdischen Volkes liegt noch heute als schwere Last und große Schuld auf uns.

Wir gedenken beschämt all derer, die ihrer Ehre und Würde und Rechte beraubt, vertrieben, enteignet, ermordet wurden.

In Schmerz und Reue stellen wir uns unter die Schuld unserer Vorfahren.

Wir beklagen, dass unzählige jüdische Gemeinden in unserem Land erbarmungslos ausgelöscht wurden.

Wir beklagen die Gleichgültigkeit, die solches zuließ.

Wir beklagen jegliche Form des Antisemitismus auch in unseren Tagen.

Wir sind entschlossen, kompromisslos dagegen vorzugehen.

Wir bitten um Gottes Segen für Sein Bundesvolk - im Lande Israel, in allen Ländern dieser Erde und in den Städten und Gemeinden Deutschlands. «

»Hilf deinem Volk und segne Dein Erbe

und weide und trage sie ewiglich« (Psalm 28,9)«

Der Kreiskirchenrat des Evangelischen Kirchenkreises Magdeburg stimmte dieser gemeinsamen Erklärung im März 2001 zu, im April auch der Stadtrat. In Magdeburg haben danach im Rathaus und in evangelischen und katholischen Kirchen mehrere hundert Menschen diese Erklärung auch persönlich unterschrieben. Alle Unterschriften wurden in Jerusalem mit übergeben.

Herausgegeben vom Evangelischen Kirchenkreis Magdeburg in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Domgemeinde, Neustädter Straße 6, 39104 Magdeburg