An einem Kapitell in der Maria-Magdalenenkirche in Eberswalde befindet sich eine sogenannte "Judensau"-Skulptur.
Antisemitische Hohnskulptur
Lieber Herr Pfr. Giering,
herzlichen Dank für das offene Gespräch in Eberswalde und für die Fotos aus der Maria-Magdalenen-Kirche. Leider ist das Foto des Vogels mit dem Kopf eines Juden völlig unscharf geworden. Deshalb meine Frage und Bitte an Sie: könnten Sie ein Foto davon machen und mir schicken?
Ich interpretiere diese Darstellung als Symbol der Habgier (Raubvogel), die als sündhaft galt und die man deshalb von sich wies und den Juden zuordnete.
Das ist natürlich eine Denunziation, die bis heute in den Köpfen (nicht nur der Rechtsextremisten) nachwirkt. Ich hatte in Magdeburg mit der vormaligen Superintendentin ein sehr gutes Gespräch. Es gibt dort auch ein Faltblatt mit einigen sehr deutlichen Formulierungen für die Bewertung und Schlussfolgerung, die man sicher übernehmen könnte. Leider lag es aber im Dom nicht aus, als ich dort war. Dann verfehlt es natürlich seinen Zweck.
In Eberswalde wäre ein Faltblatt besonderer Art sinnvoll, eben weil es diese vier Darstellungen gibt. Gerne sind wir - mein Kollege Günter Wangerin und ich - dabei behilflich - sowohl was die Texte als auch was die Gestaltung betrifft. Gut wäre eine Art Konferenz oder Arbeitstreffen mit Engagierten und Zuständigen. Evtl. könnte man dazu auch Leute aus anderen Städten und Gemeinden einladen, die eine ähnliche Situation haben. Über eine Tafel an der Wand oder im Boden sollten wir nochmal nachdenken.
Die Skulpturen des Judenhasses sind Symbole einer furchtbaren Geschichte mit großer Wirkung - viel größer als die Skulpturen selbst uns heute erscheinen. Eine Tafel wäre ein Symbol für eine gute und notwendige heutige Haltung und für ein Bekenntnis zu Akzeptanz und Menschenwürde.
Kann und muss so etwas nicht größer und etwas dauerhafter sein als ein papierenes Infoblatt? Gerade angesichts der nachhaltigen Geschichte des Massenmordes und unserer Verantwortung für eine andere Gegenwart und Zukunft? Uns geht es darum, Sensibilität und Bewusstsein dafür bei möglichst vielen zu entwickeln. Deshalb liegt uns daran, mit vielen und besonders jungen Menschen daüber zu sprechen und sie in die Überlegungen einzubeziehen. Dann haben Faltblätter und Bodentafeln eine gute Wirkung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Wolfram P. Kastner